Andacht

 

Gedanken zum Monatsspruch Juli aus dem Kirchenbrief der Blumhardt Kirchengemeinde vom Prädikanten Arne Krüger
 

 

"Du sollst dich nicht der Mehrheit anschließen, wenn sie im Unrecht ist.“ (Exodus (2. Buch Mose) Kapitel 23, 2)

Liebe Gemeinde,

der Spruch für den Monat Juli 2024 klingt seltsam, ja man könnte auch sagen, er klingt undemokratisch.
Ist es nicht ein Kriterium unseres demokratischen Staates, dass die gewählten Volksvertreter mit Mehrheit Entscheidungen fällen, Gesetze beschließen, Verordnungen erlassen oder über die Finanzen des Staates beschließen? Seltsam, ganz besonders im 75. Jahr unseres Grundgesetzes, das die demokratischste Verfassung ist, die Deutschland je hatte.

Im Kapitel 23 des Buches Exodus stehen neben diesem Text noch weitere Rechtsvorschriften. So soll der Mensch keine leeren Gerüchte verbreiten, nicht als falscher Zeuge auftreten und in einem Rechtsstreit niemanden begünstigen. Man soll sich nicht bestechen lassen, unschuldige Menschen nicht um das Leben bringen und auch den Fremden nicht ausbeuten. Das sind doch alles Regeln, die einem Rechtsstaat sehr nahekommen, die auch in einer Demokratie gelten. Aber dieser Satz „Du sollst dich nicht der Mehrheit anschließen, wenn sie im Unrecht ist“ zeigt uns Grenzen.
Unser Grundgesetz betont die Würde des Menschen, die unantastbar ist, also auch die Würde des Menschen, der eine Minderheitenposition vertritt. Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, nicht nur derjenige, der der Mehrheitsposition entspricht. Die freie Entfaltung der eigenen Persönlichkeit darf jedoch nicht die Rechte der anderen verletzen.

Wir haben uns im Rahmen von „Bonhoeffer meets Blumhardt“ intensiv mit Dietrich Bonhoeffer beschäftigt. In seiner Zeit gab es unter den evangelischen Christen auch eine Mehrheit, die „Deutschen Christen“, die sich dem Nazi-Regime angepasst hatten. Hier haben Dietrich Bonhoeffer und andere Theologen der Bekennenden Kirche der Mehrheitsmeinung widersprochen. Gott sei Dank haben sie dies getan und haben eine Minderheitsmeinung vertreten. Sie haben darauf geschaut, was Recht und Unrecht ist.

Wie sie stehen auch wir immer in der Verantwortung vor Gott und den Menschen.