Andacht

 

Gedanken zum Monatsspruch Oktober aus dem Kirchenbrief der Blumhardt Kirchengemeinde von Pfarrerin Pia Rübenach
 

 

„Ja, seine Güte hört nicht auf. Sein Erbarmen hat noch lange kein Ende. Jeden Morgen erbarmt er sich von Neuem. Gott, deine Treue ist unfassbar groß“

Liebe Gemeinde,

am Ende meiner Wohnstraße in Lichtenrade ist der Mauerweg. Als ich ein Kind war, war hier ein Hochstand aus Holz. Ich kletterte gerne hinauf, um zu sehen, was auf der anderen Seite der Mauer war. Ich konnte nie etwas erkennen. Nur manchmal hörte ich die patrouillierenden Motorräder oder die Schäferhunde auf der anderen Seite.

Nach den historischen Ereignissen im Oktober 1989 fiel auch am Ende unserer Straße die Mauer. Heute ist der Weg frei. Der Mauerweg ist Naherholungsgebiet geworden, das von den Menschen genutzt wird. Wenn ich Zeit finde, laufe ich gern auf diesem Weg.
Ackerbau, Korn, Boden – all‘ das ist für urtümlich. Es erdet. Es erinnert an das Einfache. An das, was schon lange da ist. Was Saat, Regen, Sonne, Arbeit und Geduld braucht. Was seine Zeiten hat, Wurzeln und Frucht und das Vertrauen, dass die Natur schon weiß, wie es laufen soll im Wechsel der Jahreszeiten.
Zwischen den Wegen sind schon die Felder Brandenburgs. Korn und Mais wird dort angebaut. Das ist eine andere Welt, wenn man aus Berlin herauskommt und sich das Korn im Wind wiegt. Ich liebe diese Felder. Sie lassen mich abschalten. Woran liegt das? Was ist ihr Geheimnis?

So viele Menschen erleben Veränderungen, Verluste und Erneuerungen. Aber die Welt dreht sich weiter, die Bauern fahren ihre Ernte ein, auf den Märkten wird gehandelt, und die Musiker spielen ihre Lieder.
Vielleicht ist das die Kraft des Oktobers, dass wir uns das Leben mit seinen wechselnden Höhen und Tiefen vor Augen halten können. Wir leben in einer schwierigen Welt voller Gegensätze, und die Bauern fahren ihre Ernte ein. Mittendrin ist eine Güte, die nicht aufhört. In dieser Ursprünglichkeit und Bewegung leben wir jeden Tag aufs Neue.